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(LG MD) Kommunales Wasserunternehmen verliert Klage gegen Deutsche Bank wegen Vorwurf der Falschberatung bei Finanztermingeschäften
31.01.2008, Magdeburg – 4
- Landgericht Magdeburg
Landgericht Magdeburg - Pressemitteilung Nr.: 004/08
Magdeburg, den 31. Januar 2008
(LG MD) Kommunales Wasserunternehmen verliert Klage gegen Deutsche Bank wegen Vorwurf der Falschberatung bei Finanztermingeschäften
9 O 1989/06 ¿ 9. Zivilkammer
Die "Tagesthemen" berichteten am gestrigen Mittwoch über eine bundesweite Klagewelle u.a. auch in Magdeburg von Kommunen und kommunalen Unternehmen gegen die Deutsche Bank wegen des Vorwurfs falscher Anlegerberatung bei Finanztermingeschäften.
In Magdeburg hat die 9. Zivilkammer mit Urteil vom 21. Januar 2008 eine Klage des 100% kommunalen Unternehmens Heidewasser GmbH (Klägerin) gegen die Deutsche Bank (Beklagte) abgewiesen.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten im Wege des Schadensersatzes Freistellung von Ansprüchen aus einem Zinsswap-Geschäft.
Bereits 1999 signalisierte die Klägerin ihre Bereitschaft, von ihrer bisherigen konservativen Strategie abzuweichen und unter anderem auch Finanztermingeschäfte abzuschließen. Anfang 2000 wurde ein erstes "Zinsswap-Geschäft" über ein Volumen von rund 1 Million Euro abgeschlossen.
Im Jahr 2004 lehnte die Klägerin den Abschluss eines zweiten Finanztermingeschäftes ab.
Im Juli 2005 wurde dann ein "Swap-Geschäfte" zwischen den Parteien zu einem Nominalbetrag von 2 Millionen Euro abgeschlossen. Dieses Geschäft ist Gegenstand des Prozesses.
Bei einem Swap-Geschäft tauschen die Vertragspartner zu vorher festgelegten Zeitpunkten Geldbeträge aus, die sich für den einen Partner in der Regel nach einem festen Zinssatz (z.B. 3%eines Nominalbetrages) und für den anderen Partner nach einem variablen Zinssatz (z.B. Differenz zwischen zwei verschiedenen ebenfalls variablen Zinssätzen) berechnen. Das angebotene und am30.03.05 präsentierte CMS-Spread-Ladder-Swap beruht auf der Differenz (Spread) zwischen dem durchschnittlichen 10-Jahreszinssatz (Kapitalmarktzins) und dem durchschnittlichen 2-Jahreszinssatz (Geldmarktzins). Berechnungsgrundlage sollte kein Realkredit, sondern ein Nominalbetrag (2 Millionen Euro) sein. Zum Thema Chancen und Risiken wies die Bank auf folgendes hin: "Steigt der von Ihnen zu zahlende Zins über 3 % realisieren sie einen Verlust, dessen Höhe theoretisch unbegrenzt ist."
In der Folgezeit entwickelte sich der Marktwert des Zinssatzswaps negativ. Zwischenzeitlich betrug der negative Marktwerk der Anlage ca. 750.000,-- Euro (Zeitpunkt der Klageeinreichung); zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ca. 570.000,- Euro.
Die Klägerin meint von der Beklagten schlecht beraten worden zu sein. Die Bank hätte die Risiken verharmlost.
Das Gericht hat entschieden, dass die Bank sowohl anleger- als auch anlagegerecht beraten habe und die Klage abgewiesen.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig und kann von der Klägerin binnen 1 Monats nach Zustellung angefochten werden.
Aus den Urteilsgründen:
"Der beratenden Bank kann nicht abverlangt werden, ihren Kunden die Anlageentscheidung selbst abzunehmen. Typischerweise erwartet ein Kunde vor allem Aufklärung über die Eignung des Anlageobjektes für seine Zwecke und die damit verbundenen spezifischen Risiken. Die Anlageentscheidung selbst will er in aller Regel jedoch eigenverantwortlich treffen. Aufgabe der beratenden Bank ist es deshalb lediglich, den Kunden durch ausreichende Informationen in die Lage zu versetzen, eine solche Entscheidung unter Berücksichtigung der bestehenden Risiken zu treffen. Die Grenze zwischen pflichtgemäßer und pflichtwidriger Beratung verläuft nach Auffassung der Kammer dort, wo die Bank, um eine ausschließlich konservative Anlagestrategie des Kunden wissend, nicht in ausreichendem Maße und nicht deutlich genug über Risiken informierte und darauf aufmerksam machte, dass diese Form der Anlage von der bisherigen Strategie abweicht. ¿
Soweit die Klägerin meint, sie habe keine hinreichende Erfahrung mit Swap-Geschäften gehabt, kann dem ebenfalls nicht gefolgt werden.
Bereits das erste Zinsswap-Geschäft aus dem Jahre 2000 lässt darauf schließen, dass die Klägerin sehr wohl Erfahrung mit solchen Geschäften hatte. Das erste Zinsswap-Geschäft entsprach in seinen wesentlichen Eckpunkten dem zweiten nicht abgeschlossenen und auch dem hier streitgegenständlichen dritten Zinsswap-Geschäft der Klägerin. ¿
... In der Präsentation heißt es auf der letzten Seite: "Da die Entwicklung des 6-Monats-EURIBOR nicht voraussehbar ist, kann kein "worstcase" beziffert werden, d.h. die Strategie ist bei einer für sie ungünstigen Entwicklung des Referenzzinssatzes mit einem theoretisch unbegrenzten Verlustrisiko verbunden.".
Wie die Klägerin selbst vorträgt, fanden bereits im Jahre 2004 mehrere Besprechungen zu dem Zinsswap-Geschäft statt; die Klägerin nahm von dem Abschluss eines solchen Geschäftes zum damaligen Zeitpunkt, wie sie selbst vorträgt, wegen des für sie nicht ohne weiteres zu kalkulierenden Risikos Abstand. ¿
Der Klägerin war aufgrund des Geschäftes aus dem Jahre 2000 und infolge der umfangreichen Beratung im Jahre 2004 bereits die wesentliche Grundstruktur eines Zinsswap-Geschäftes bekannt. Sie konnte bei Abschluss des hier streitgegenständlichen Zinsswap-Geschäftes im Juli 2005 nicht als gänzlich unerfahren betrachtet werden.
Außerdem darf nicht aus den Augen verloren werden, dass es sich bei der Klägerin nicht um einen Privatanleger oder selbständigen Unternehmer handelt. Die Klägerin nimmt am Wirtschaftleben teil und tätigt Investitionen in nicht unbeträchtlichem Umfang. Sie arbeitet täglich mit Krediten in erheblichem Ausmaß und kann daher als ein mit Finanzgeschäften generell erfahrener Kunde betrachtet werden.
Die Beratung der Klägerin durch die Beklagte im Jahre 2005 war auch anlagegerecht. Insbesondere hat die Beklagte die Klägerin über das mögliche Verlustrisiko so informiert und aufgeklärt, dass sie in Kenntnis aller dem Anlagegeschäft eigenen Umständen eine eigenverantwortliche Entscheidung treffen konnte, die offenbar auch vom Aufsichtsrat der Klägerin genehmigt worden ist.
Das streitgegenständliche Zinsswap-Geschäft beruht auf der Differenz zwischen dem 10-Jahreszinssatz und dem 2-Jahreszinssatz. Dabei entspricht der durchschnittliche 10-Jahresszinssatz dem Kapitalmarktzins und der durchschnittliche 2-Jahreszinssatz dem Geldmarktzins. Die Differenz zwischen diesen beiden Zinssätzen (Spread) ist daher veränderlich. Sowohl die Entwicklung des 10-Jahresszinssatzes als auch des 2-Jahreszinssatzes ist von verschiedenen Parametern abhängig, die weder im Verantwortungsbereich der Klägerin noch in dem der Beklagten liegen. Hierüber war die Klägerin ¿ informiert.
¿ Hinweis, dass ein in der Höhe theoretisch unbegrenzter Verlust möglich ist, stellt eine ausreichende Aufklärung über das zu erwartende Risiko dar.
Dabei musste die Klägerin die Formel zur Berechnung des von ihr zu zahlenden Zinssatzes nicht im Einzelnen nachvollziehen können, um sich ein Bild über das Ausmaß des Risikos verschaffen zu können. Die ihr zur Verfügung stehenden Informationen reichten vollkommen aus, um ihr zu verdeutlichen, dass die Entwicklung des Spread sehr sensibel einer Vielzahl von Faktoren folgt, die weder die Beklagte noch die Klägerin beeinflussen konnten. Außerdem hatte die Beklagte im zweiten Szenario der Präsentationen mögliche Entwicklungen des von der Klägerin zu zahlenden Zinssatzes aufgezeigt, ohne dabei den Eindruck zu vermitteln, diese Entwicklung sei nach oben oder unten begrenzt. Dass eine Berechnung des letztlich zu zahlenden Betrages nicht erfolgte, war dem Umstand geschuldet, dass zum Zeitpunkt der Präsentationen der Nominalbetrag als Bezugsgröße noch nicht bekannt war.
¿ die Beklagte (hatte) der Klägerin außerdem ¿ vier Monate vor Abschluss des Geschäftes, eine Software zur Verfügung gestellt, mit deren Hilfe die Klägerin in die Lage versetzt wurde, die Entwicklung der Differenz zwischen dem 10-Jahreszinssatz und dem 2-Jahreszinssatz (Spread) nachzuvollziehen bzw. zu beobachten. Die Klägerin hatte demnach ausreichend Zeit und Gelegenheit, sich ¿ über das Auf und Ab des Spread zu informieren und sich ein eigenes Bild über dessen Schwankungen und das damit verbundene, tatsächlich schwer zu kalkulierende Risiko zu verschaffen.
Wenn die Klägerin rügt, dass die Beklagte in ihren Präsentationen auf die Risiken zwar hingewiesen, aber die Chancen eines solchen Geschäftes doch immer stärker betont habe, so verkennt die Klägerin, dass auch die Beklagte ein Geschäft machen wollte. Zu einer verantwortlichen Anlageentscheidung gehört es auch, bei der Abwägung des Für und Widers die Interessen des Geschäftspartners zu berücksichtigen. Es liegt nach Auffassung der Kammer in der Natur der Sache, dass die Beklagte über die ihr obliegende Aufklärungspflicht hinsichtlich der Risiken hinaus diese nicht übermäßig betonte. Daraus folgt jedoch entgegen der Auffassung der Klägerin nicht, dass die Klägerin über die bestehenden Risiken des Geschäftes nicht in ausreichendem Maße anlagegerecht aufgeklärt worden wäre."
(Christian Löffler)
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